Räuchern durchs Jahr
1. Was bedeutet Räuchern?
Als Räuchern bezeichnet man das Verglühen ausgewählter, aromatischer Substanzen aus dem Pflanzenreich, auf glühender Kohle oder einer anderen Wärmequelle, wodurch bestimmte Duft- und Wirkstoffe freigesetzt werden. Die sich entwickelnden Duftstoffe werden vom aufsteigenden Rauch nach oben getragen und verteilen sich im Raum. Naturwissenschaftlich ausgedrückt, lösen sich die Duftmoleküle aus dem Pflanzengewebe, in dem sie eingelagert sind und steigen mit dem Rauch in die Raumluft.
Eine Räucherung ist ein Ritual, das nach bestimmten Vorgaben, aber auch individuell gestaltet werden kann. Der Räuchernde setzt sich während dieses Rituals mit einer Situation, mit Gedanken, Problemen oder Hoffnungen auseinander, er bittet um etwas oder dankt für etwas und kann im Zuge dieser Räucherung vieles loslassen und bereinigen. Allein dieses In-sich-gehen, still werden, zur Ruhe kommen und sich auf diese Art mit einer Sache auseinandersetzen, kann vieles bewirken.
2. Zur Geschichte des Räucherns
Mit dem Beginn der Nutzung des Feuers entdeckten unsere Vorfahren die Entwicklung von Düften, die beim Verbrennen unterschiedlicher Pflanzen und Harze entstanden. Bald begannen sie diese Möglichkeit auch bewusst zu nützen. Räuchern ist der Ursprung der Duftheilkunde und damit auch des Parfums („per fumum“ = durch den Rauch)
Mit dem Fortschreiten der Kultur setzten immer mehr Schamanen, Medizinmänner, Kräuterfrauen, Druiden und andere Weise und Heiler, Pflanzenstoffe in Form von Räuchern für kultische und gesundheitliche Zwecke ein. Man sah den aufsteigenden Rauch als Vermittler zur Welt der Götter und beschwor mit ihm eine aussichtsreiche Jagd, gutes Wetter, Gesundheit und Glück. Interessant ist, dass bestimmte Pflanzen in unterschiedlichen Kulturen, die zum damaligen Zeitpunkt nichts voneinander wissen konnten, zum selben Zweck verwendet wurden (Beispiel: Salbei, der sowohl von den Ureinwohnern Amerikas als auch in Europa seit jeher zu Reinigungs- und Heilzwecken verwendet wurden.)
Jahrtausende über war Räuchern wichtiger und selbstverständlicher Bestandteil des menschlichen Lebens. Für Räucherwaren wurden schon im Altertum unglaubliche Beträge gezahlt. Die Räucherstoffe wurden tausende Kilometer weit transportiert. Erst im Laufe des letzten Jahrhunderts ist das Räuchern aus unserem Leben verschwunden, um nun wieder aufzuleben uns sich immer größeren Interesses zu erfreuen.
3. Mit Räuchern durch das Jahr
Unsere christlichen Vorfahren im Mittelalter und den nachfolgenden Jahrhunderten haben die wichtigsten Feste, Bräuche und Daten im Jahreskreis von den Kelten übernommen und mit christlichen Inhalten versehen. Einige dieser Bräuche kennen wir noch heute, andere gerieten etwas in Vergessenheit. Besonders wichtig waren folgende acht große Feste im Jahreskreis.
Die acht keltischen Feste
Samhain (Allerseelen, Nacht auf den 1. November)
In dieser Nacht suchte man durch Räuchern Kontakt zu den Ahnen, versuchte Altes loszulassen und so Platz für Neues zu schaffen.
Räucherpflanzen: Beifuß, Wacholder, Salbei, Fichtenharz, Engelwurz, Eisenkraut
Julfest (auch „Yule“, Wintersonnenwende, 21-23. Dezember)
Unser Weihnachtsfest mit vielen Kerzen am grünen Baum ist das christianisierte Julfest
Räucherpflanzen: Alant, Beifuß, Johanniskraut, Fichten- und Tannenharz, Mistel, Myrrhe, Rose, Weihrauch
Imbolc (Lichtmess, Brigid, 1., manchmal 2. Februar)
Man feierte den Neubeginn und weihte in Räucherungen Kerzen und Bienenstöcke. Haus, Hof und Stall wurden mit reinigendem Räucherwerk ausgeräuchert.
Räucherpflanzen: Alant, ‚Beifuß, Copal, Fichte, Lavendel, Rosmarin, Salbei, Schafgarbe, Tanne, Thymian, Wacholder
Ostara (Frühlingstagundnachtgleiche, 21.-23. März)
Ostara war der Name der germanischen Frühlingsgöttin, Ostern ist das christliche Nachfolgefest. Man feierte die Frühlingskräfte, segnete Lebensmittel und verräucherte reinigende und segnende Pflanzen.
Räucherpflanzen: Alant, Engelwurz, Thymian, Copal, Lavendel, Myrrhe, Rose, Weihrauch
Beltane (Walpurgis, 30 April/1. Mai)
Beltane ist das Fest der Lust und Freude, an dem aphrodisierenden und psychoaktiven Pflanzen verräuchert wurden.
Räucherpflanzen: Salbei, Rose, Rosmarin, Benzoe, Alraunen Wurzel, Bilsenkraut, Eibe
Johanni (auch „Litha“, Sommersonnenwende, 21 Juni)
Zur Sommersonnenwende wurden große Feuer entzündet, in denen man schutzmagische Kräuter verräucherte, die Unwetter abwenden und eine gute Ernte erzielen sollten.
Räucherkräuter: Alant, Beifuß, Copal, Dost, Engelwurz, Johanniskraut, Königskerze, Myrrhe, Rose, Thymian, Weihrauch
Lughnasadh (Schnitter Fest, 31. Juli/1. August)
Früchte und Korn sind nun reif oder fast reif, doch man fürchtet noch die Naturgewalten, die eine gute Ernte vernichten können. Daher räucherte man auch an diesem Fest mit Wetterpflanzen und entzündete Feuer für den Wettersegen.
Räucherpflanzen: Alant, Dost, Mariengras, Salbei, Rose, Wermut, Beifuß, Johanniskraut, Königskerze
Mabon (Erntedank, Herbsttagundnachtgleiche, 21.-24. September)
Erntedank ist das Fest des Teilens, an dem man auch für die Tiere Leckerbissen der neuen Ernte aufhängt und den jungen Wein genießt. Man dankte den Göttern und Naturgewalten mit Rauchopfern für die gute Ernte.
Räucherpflanzen: Alant, Benzoe, Johanniskraut, Lavendel, Mariengras, Muskatellersalbei, Myrrhe, Rose, Weihrauch, getrocknete Früchte
4. Die Rauhnächte – die Zeit zwischen den Jahren
Die Rauhnächte bezeichnen 12 Nächte – vom 25. Dezember bis zum 5. Jänner – die seit keltischer Zeit besondere Bedeutung für die Menschen hatten. Manchmal wird auch schon der 21. Dezember, die Wintersonnenwende, zu den Rauhnächten gezählt.
An diesen Tagen geht das Alte zu Ende und das Neue beginnt. In früheren Jahrhunderten nahm man an, dass zu dieser Zeit die Schleier zur Anderswelt besonders dünn waren und man leichter als sonst Kontakt zu den Göttern und den Kräften im Jenseits herstellen konnte. Dies machte diese Zeitspanne aber auch gefährlich, da auch Kräfte mit weniger guten Absichten aus der Anderswelt heraufkommen konnten.
Viele Rituale zu den Rauhnächten wurden von unterschiedlichen Räucherungen begleitet. Zu den Rauhnächten räucherten die Bauern auch immer ihre Ställe aus, damit das Vieh im kommenden Jahr gut gedeihen und beschützt sein sollte. In den Nächten räucherte man mit Orakelpflanzen und versuchte, in die Zukunft zu schauen. Auch auf das Träumen wurde in diesen Tagen besonders viel Augenmerk gelegt, da angeblich jede der zwölf Nächte einen Monat des kommenden Jahres vorhersagen konnte.
Die Rauhnacht – Räuchermischung hilft dabei, Haus und Hof von ungebetenen Gästen zu reinigen und die über das Jahr angestauten, negativen Energien aufzulösen.
Räucherpflanzen: Beifuß, Engelwurz, Fichtenharz, Holunder, Lavendel, Meisterwurz, Mistel, Salbei
Für das Orakeln: Alraunen Wurzel, Myrrhe, Rose, Weihrauch
Weitere Mischungen:
1. Beifuß, Wacholderbeeren, Rosmarin, Johanniskraut, Schafgarbe, Rosenblüten, Tannennadeln, Fichtenharz
2. Eisenkraut, Mistel, Wegwarte, Lorbeer, Schafgarbe, Beifuß, Buchenholz, Fichtenharz, Weidenholz, Wacholderbeeren, Engelwurzel, Kiefernzapfen
3. Weihrauch, Wacholder, Lavendel, Baldrianwurzel, Salbei, Johanniskraut, Königskerze, Kiefernharz, Tannenharz, Myrrhe
4. Beifuß, Wacholder, Nadel der Weißtanne, Fichtenharz, Kieferharz, Bärlappkraut, Engelwurz Samen, Königskerzenblüten, Weihrauch
Kräuterbuschen
Der Kräuterbuschen wird am 15.08 gesegnet und zu den Rauhnächten verräuchert, zum Schutz von Haus und Hof vor bösen Geistern, Unglück sowie Katastrophen.
Wermut, Zinnkraut, Arnika, Basilikum, Beinwell, Oregano, Erdrauch, Frauenmantel, Gänsefingerkraut, Steinklee